Habe ich überhaupt einen Anspruch auf eine Abfindung?
Und wie würde diese Abfindung dann besteuert?
Steuerermäßgungen, Fünftelregelung?
Abfindungen sind finanzielle Leistungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die Nachteile erhält, die mit der Auflösung oder Änderung seines Arbeitsverhältnisses verbunden sind. Häufigste Gründe sind der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine zeitliche Reduzierung der Wochenarbeitszeit. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Zufluss der Abfindung und Beendigung des Dienstverhältnisses ist nicht erforderlich. Ein erhebliches zeitliches Auseinanderfallen der beiden Ereignisse kann jedoch den sachlichen Zusammenhang infrage stellen. Abfindungen können in einer Summe, in Teilbeträgen oder in fortlaufenden Beträgen ausgezahlt werden. Oft ist dies individuelle Verhandlungssachen zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber.
Zahlungen zur Abgeltung vertraglicher Ansprüche (z. B. rückständiger Arbeitslohn), die der Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis bis zum Zeitpunkt der Auflösung erlangt hat, sind nicht Teil der Abfindung. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass bei Zahlung einer Abfindung der Arbeitgeber die Auflösung veranlasst hat.
Einen generellen Rechtsanspruch auf eine Abfindung gibt es in Deutschland nicht. Allerdings sind viele Arbeitgeber bereit, im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine Abfindung zu zahlen, wenn sie sich dadurch einen - häufig langwierigen und in jedem Fall teuren - Gang vor das Arbeitsgericht ersparen können. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen Arbeitnehmer einen echten Rechtsanspruch auf eine Abfindung haben. Solche anspruchsbegründeten Abfindungsregelungen gibt es beispielsweise in folgenden Fällen:
In Verhandlungen um einen Aufhebungsvertrag "tauschen" Sie gewissermaßen den Bestandsschutz Ihres Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung ein. Dabei sind Ihre Chancen, eine Abfindung in entsprechender Höhe durchzusetzen, umso besser, je höher der Bestandsschutz ihres Arbeitsverhältnisses ist. Die Faktoren für die juristische Bewertung des Bestandsschutzes sind sehr vielfältig, zu Ihnen gehören typischerweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die individuelle Situation/Position im Betrieb (z.B. Betriebsratszugehörigkeit), die private Situation (Alter, Kinder, Behinderungen etc.), der Grund für die (drohende) Kündigung (z.B. Wegfall des Arbeitsplatzes) und viele andere. Eine detaillierte, schematische Einordnung ist hier nicht allgemeingültig möglich, im Grundsatz aber gilt: Je höher der Bestandsschutz Ihres Arbeitsverhältnisses, umso eher wird der Arbeitgeber bereit sein, über eine entsprechende Abfindung zu verhandeln.
Abfindungen sind zwar nicht sozialabgabenpflichtig, aber voll steuerpflichtig. Es ist allerdings unter bestimmten Voraussetzungen möglich, eine Steuerermäßigung in Form der sogenannten Fünftelregelung (Tarifermäßigung) zu erreichen. Die Anwendung der Tarifermäßigung hängt von folgenden Voraussetzungen ab:
Eine Entschädigung liegt dann vor, wenn die Abfindung als Folge einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie bereits vorher vertraglich vereinbart wurde. Weitere Voraussetzungen sind:
Neben der Hauptentschädigung sind geringe Zusatzleistungen möglich, die aus sozialer Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit in späteren Jahren geleistet werden. Derartige ergänzende Zusatzleistungen können beispielsweise die befristete Weiternutzung des Dienstwagens, die befristete Übernahme von Versicherungsbeiträgen oder befristete Zahlungen für die Altersvorsorge sein.
Eine Zusammenballung von Einkünften liegt vor, wenn die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung höher ist als der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entgehende Lohn. Die Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn die Entschädigung nicht mit regulären Einkünften zusammentrifft und sich die Einkünfte trotz Entschädigung absenken.
Verglichen werden die real verwirklichten Einkünfte mit den fiktiven Einkünften, die erzielt worden wären, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden wäre. Hierbei werden auch Erkrankungen und darauf beruhende niedrigere Einkünfte berücksichtigt.
█ Wichtig: █ Beziehen Sie weitere Einnahmen, die Sie bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht bezogen hätten (z. B. aus einem neuen Arbeitsverhältnis) sind diese in die Berechnung der Zusammenballung einzubeziehen.
Die Anwendung der begünstigten Tarifermäßigung setzt außerdem voraus, dass die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließen (dass also nicht beispielsweise mehrere Teilbeträge in unterschiedlichen Jahren gezahlt werden). Ausnahme: die abweichenden Teilbeträge betragen insgesamt max. 5 % der Hauptleistung.
Praxis-Beispiel: Ihr Arbeitsverhältnis wurde zum 1.12.2016 durch den Arbeitgeber beendet. Ihnen steht vertraglich eine Abfindung von 50.000 EUR zu. Davon wird Ihnen ein Teilbetrag von 2.500 EUR im Dezember 2016 ausbezahlt. Die Hauptzahlung von 47.500 EUR erfolgt im Februar 2017.
Folge: Die Teilzahlung muss 2016, die Hauptzahlung 2017 voll versteuert werden. Eine Tarifermäßigung in Form der Fünftelregelung kommt nicht in Frage, weil die Teilzahlung ca. 5,26 % der Hauptleistung beträgt.
Alternative: Wenn Sie stattdessen eine Teilzahlung in Höhe von 2.000 EUR und eine Hauptzahlung von 48.000 EUR vereinbaren, muss nur die Teilzahlung voll versteuert werden; die Hauptzahlung kann dagegen ermäßigt (nach der Fünftelregelung) besteuert werden. Der Grund: Die Teilzahlung beträgt lediglich rund 4,1 % der Hauptzahlung.
Nicht schädlich ist es dagegen, wenn die Auflösungsvereinbarung von einem einmaligen Zufluss ausgeht, aber wegen versehentlich zu niedriger Auszahlung eine spätere Restzahlung erfolgt. Unschädlich ist auch eine Nachzahlung nach einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber.
█ Achtung: █ Im Falle einer Nachzahlung müssen Sie einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung bei Ihrem Finanzamt stellen. Die Nachzahlung wird dann im Jahr der Hauptleistung mitversteuert.